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Sinusschwingungen mit dem Analogrechner erzeugen

Rainer Glaschick, Paderborn
2014-02-01

Sinus- (und Cosinus-) Schwingungen werden auf dem Analogrechner durch Lösung der Differentialgleichung

    `phi'' + omega^2 phi = 0`

durch zwei Integratoren und einen Inverter erzeugt:

Wenn dabei der Anfangswert von x auf 1 und der von y auf 0 (oder umgekehrt) gesetzt werden, entsteht eine Sinusschwingung der Amplitude 1. Allerdings verringert sich im Laufe der Zeit die Amplitude durch Verluste in den Kondensatoren und die Eingangsströme der Operationsverstärker.

Sofern es notwendig ist, diese Verluste auszugleichen und eine beliebig andauernde Schwingung zu erzeugen, wird durch K1 eine positive Rückkopplung eingeführt.

Diese Schaltung wird durch folgendes Gleichungssystem beschrieben:

    `-tau dot x = z
    `-tau dot y = x + epsi z
    `-z = y

wobei `tau` die Zeitkonstanten der beiden Integratoren sind.

Elimination von z und y ergibt:

    `ddot x - epsi/tau^2 dot x + 1/tau^2 x = 0

Mit `omega=1/tau` und `2 gamma = -epsi omega^2` ist die Lösung (TietzeSchenk, Kap. 15.4):

    `x(t) = e^(-gamma t) sin(sqrt(omega^2 - gamma^2) *t)

Demgemäß ist nur für exakt `gamma = 0` und damit `epsi = 0` eine Schwingung mit konstanter Amplitude möglich; andere Werte bedeuten ein exponentielles Ansteigen der Amplitude.

Um eine stationäre und stablile Amplitude zu erreichen, ist daher eine nichtlineare Komponente notwendig, die die Amplitude bestimmt.

In der Analogrechentechnik ist es auf Grund des direkten Zugriffs auf das Verbindungsfeld üblich, dort diskrete Komponenten einzufügen, hier ein Paar antiseriell geschalteter Zenerdioden:

Dies ist nicht nur aus systematischen Gründen unbefriedigend, sondern erlaubt auch nicht das Einstellen der Amplitude durch Rechensignale oder zumindest Koeffizientenpotentiometer. Zudem haben Zenerdioden Sperrströme im µA-Bereich, deren Wirkung unklar ist. Dabei ist K1 so klein wie möglich einzustellen, um Verzerrungen möglichst klein zu halten. Wenn — wie meistens möglich — eine Anfangsbedingung gesetzt werden kann, ist dies ohnehin nicht zum Anfachen, sondern nur zum Aufrechterhalten der Schwingungen notwendig.

Im MiniAC der Firma EAI ist ein Begrenzer-Zusatz vefügbar, der parallel zu einem zu begrenzenden Verstärker geschaltet wird und intern vorgespannte Dioden bereitstellt, womit zwar die Amplitude einstellbar wird, aber wegen der Dioden weder für kleine Spannungen geeignet noch temperaturstabil ist.

Anstatt die Amplitude des Integrators zu beschränken, kann auch die Mitkopplung durch K1 ab einer vorgegebenen Amplitude neutralisiert werden, indem ein (negierender) Gleichrichter ab einem Schwellwert die (geringe) Mitkopplung `epsi` durch eine Gegenkopplung ersetzt, wenn die (negativen) Amplituden den durch K2 gegeben Wert unterschreiten:

Auch diese Schaltung bewirkt durch die Kappung der negativen Amplituden eine Verzerrung, die umso deutlicher ist, je größer K1 eingestellt ist. Durch eine Abschwächung des Ausgangs des Gleichrichters kann eine geringere Verzerrung erreicht werden, allerdings auf Kosten der Genauigkeit der Amplitude: Je kleiner die Wirkung des Gleichrichters, desto größer ist die Amplitude, wenn K1 vergrößert wird.

Eine Variation der Faktoren in der Integratorenkette, hier gezeigt durch den Faktor F3, verändert nicht die Amplitude, sondern lediglich die Zeitkonstanten der Integratoren und damit die Frequenz. Deshalb kann die Limitierung auch nicht im Umkehrverstärker A3 erfolgen. Besser ist eine Einstellung mit zwei gleich eingestellten Faktoren vor den Integratoren, weil sonst die Amplituden der Ausgänge unterschiedlich sind.

Das ergibt sich auch aus folgender Betrachtung im Frequenzbereich:

Integratoren haben eine konstante Phasenverschiebung von 90° und einen linearen Abfall der Verstärkung, die bei `omega = R C` 0dB beträgt. Da die Phasenverschiebung von der Frequenz unabhängig ist, bleibt als Bedingung eine Schleifenverstärkung 1, die damit von beiden Integratoren bereitgestellt wird.

Daraus ergibt sich aber auch, dass Oberwellen nicht stark gedämpft werden und die Stabilität der Frequenz entscheidend von der Amplitudenstabiliät abhängt.

In [TietzeSchenk] wird eine Regelschaltung angegeben, bei der die Amplitude mit Hilfe der Beziehung `sin^2 x + cos^2 x` in jedem Moment bestimmt wird; dann kann ein Regler eingesetzt werden, der die Amplitude auf den gewünschen Wert regelt, indem für das Potentiometer K1 ein Multiplizierer verwendet wird.

Ein praktisch vergessener Ansatz für einen Sinusgenerator verwendet zwei Phasenbrücken, bei denen die Amplitude konstant ist, aber die Phase zwischen fast 0° und fast 180° (pro Brücke) durch einen einzigen variablen Widerstand eingestellt werden kann. In der zweiten Brücke wird dann die Phasenverschiebung wieder subtrahiert, so dass die Summe bei Resonanz immer 0° ist. Diese Methode liefert mit geringem Aufwand Sinussignale mit geringem Klirrfaktor und konstanter Amplitude bei Verstimmung eines einzigen Widerstands, aber nicht gleichzeitig Sinus und Cosinus, und erfordert mehr Rechenelemente auf einem Analogrechner als die dargestellten Rechenschaltungen, so dass sie nicht weiter betrachtet werden.

Literatur:

TietzeSchenk:
U. Titeze, Ch. Schenk: Halbleiter-Schaltungstechnik. 10. Auflage, Springer-Verlag (1993)

Übersetzungen:
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